No. XXVIII. Rescript, an das Cammer-Gericht, die Juden-Eide; deren

Formular und die dabey zu beobachtenden Ceremonien, anlangend.

de dato Berlin, den 25ten April 1757


Friederich, König in Preußen


Ob zwar der Eheleute, Felinus, in dem Copeylichen Anschlusse getanem Gesuche aus den in der von Euch bereits deshalb erhaltenen Resolution, angeführten Gründen nicht deferiret werden kann; so ist doch Unser gnädigster Wille und Befehl, dass da der von den Supplicanten zum Beweis des angegebenen Wuchers, vorgeschlagene Zeuge bereits abgehöret worden, ihr sofort Terminum zum Verhöre und Erkenntnis hierüber ex officio ansetzen sollet.


Im Falle nun der Felinus dem Juden den Eid eventualiter deferieren, oder dieser ad purgatorium gravieret werden sollte; so müsset Ihr alsdenn dasjenige, was bey Revision des Codicis Fridericiani wegen des Juden-Eides angemerket worden, und welches euch hierbey communicieret wird, genau beobachten lassen.


Die Nothwendigkeit dieser bey einem Juden-Eide zu beobachtenden vorgeschriebenen Cerimonien ist von bewährten Auctoribus hinlänglich dargethan, auch von der Ober-Amts Regierung zu Breslau darauf unlängst erkannt worden; da ein Jude, als er einen Rabbi den Eid deferiret, auf sothane und noch mehrere Solennia bestanden.


Ihr habt daher nicht nur in gegenwärtigen Casu, sondern auch inskünftig allemal, wenn die Juden Eide ablegen müssen, dass in der Anlage vorgeschriebene beobachten zu lassen; auch den ersten Senat, um sich gleichfalls darnach zu achten, davon eine Abschrift zuzufertigen.


Gegeben zu Berlin den 25. April 1757.


ad. Mandatum.


von Jariges


An das Cammer-Gericht.



Ad. No. XXVIII


1.

Die Juden sollen, wenn der Gegner, oder beym Zeugen-Eide einer von beyden Theilen es verlanget, in der Synagoge oder Juden-Schule, und nicht an der ordentlichen Gerichts-Stelle schwören. Wenn also an dem Orte, wo der Process geführet wird, keine Synagoge oder Juden-Schule vorhanden ist; so muss ein benachbartes Judicium, wo dergleichen befindlich ist, wegen Abnahme des Eides requirieret werden.


2.

Bey Ablegung eines Juden-Eides, sollen 10 andere Juden, die wenigstens 13 Jahre und einen Tag alt sind, und unter denselben ein Rabbi, oder in dessen Ermangelung ein anderer jüdischer Gelehrter, zugegen seyen. Dieser letztere muss den schwörenden Juden in einer den anwesenden Christen verständlichen Sprache, wegen des Meineides aus dem Gesetz Mosis nachdrücklich verwarnen, und ihm dabey vorstellen, dass er gar keine Hoffnung zu Erlassung dieses Eides habe; dass ihm der Eid nicht nach seinen, sondern nach Gottes und des Richters Gedanken abgenommen werde, folglich ihm keine bey sich im Sinne zurückbehaltene stillschweigende Ausnahmen oder Bedingungen zu statten kommen können, und endlich dass die Christliche Obrigkeit, welche den Eid von ihn fordert, sein ordentlicher Richter sey.

Über alle diese Puncte muss der Rabbi den Juden beschweren, ob er solche für wahr halte, und dieser muss darauf mit Amen antworten.


3.

Ehe der Jude zu schwören anfängt, muss er die Hände rein waschen, welches auch die andern anwesenden Juden zu thun schuldig sind, hiernächst muss der Jude mit seinem Rock-Gürtel und Mantel, ingleichen mit der Arba Campoth nebst den Zizzis, wie auch mit den Thephillin oder Gesetz-Riemen an der Stirn und dem linken Arme versehen seyn, wobey der Rabbi ihn abermals zu befragen und zu beschweren hat, ob solche echt, und er sie den Gesetzen gemäß angeleget habe; worauf der Rabbi den gewöhnlichen Segen darüber laut aussprechen muss. Wenn dieses geschehen, und der Jude sein Haupt mit seinem Huth oder Mütze, und darüber mit seinen Tallis und daran hängenden Zizzis bedeckt hat, wendet er sich gegen Morgen, nimmt die in der Synagoge befindliche echte Gesetz-Rolle, nachdem er sie geküsset, in seinen rechten Arm, leget den bis an den Knöchel entblößten linken Arm auf die Worte 2. Buch Mosis XX, 7. nachdem er vorher diesen Spruch mit Vermeldung seines Vor- und Zunamens in Hebräischer Sprache laut abgelesen, und schwöret den Eid in folgender ihm deutlich vorzulesender Formul mit vernehmlichen Worten ab:


Ich NN oder was ich sonst vor einen Namen und Zunamen haben und gebrauchen kann, und mag, ein Sohn des NN schwöre zu Gott, dem Allmächtigen, der Himmel und Erde, auch mich und die Menschen, die hier stehen, geschaffen hat, dem Gott Abraham, Isaac und Jacobs, dass etc. und rufe ich dich an Adonai Elohim, dich einigen ewigen Gott, dass du durch deinen herrlichen großen Namen selbst bezeugest und bekräftigest, diesen meinen Eid, und also helfe mir der wahre Gott Adonai. Wo ich aber in dieser Sache nicht recht oder wahr rede, sondern einige Unwahrheit, Betrüglichkeit und Parteylichkeit darin gebrauche, und also falsch schwöre, oder bey diesem Eide falsche Gedanken in meinem Hertzen habe; So will ich von Gott keine Vergebung noch Aussöhnung, am Tage der Versöhnung, weder in dieser noch in jener Welt haben, und soll mir keine Bekehrung helfen, sondern Gott soll auf mich schicken, alle Flüche, die in der Thorah geschrieben stehen, alle Flüche vom Bileam, und alle 10 Plagen von Egypten. Es soll mein Haus und Güter, Weib und Kinder gestraft werden mit Schwefel und Pech, wie Sodom und Gomorra gestraft worden. Ich masse seyn Orur und Cherem verbannet und verflucht, und meine Seele und Leib müsse kein Theil haben, an allen deinen Versprechungen, die du deinen Volke gethan hast, und ich müsse von dir, wahrem Gott, keine Hilfe haben, in allen meinen Sachen und Nöthen, und du müssest dich meiner nicht erbarmen, in meiner letzten Todes Noth.


Darauf schließet der Jude, mit einstimmigem Zurufe aller gegenwärtigen Juden seinen Eid also:


Amen! Amen! höre Israel, der Herr unser Gott, ist ein einiger Gott; gelobet sey der

Name der Ehre seines Königreichs, in alle Ewigkeit.


Und hierauf küsset der Jude abermals die Gesetz-Rolle.


4.

Die Juden-Weiber können sich gleichfalls nicht entbrechen, vorstehenden Eid abzulegen, jedoch fällt dasjenige, was wegen der Tallis und Thephillin festgesetzt worden, bey ihnen weg.


5.

In sehr wichtigen Sachen, soll auf des Gegners Verlangen, und wenn das Gericht solches bedenklicher Umstände halber nöthig findet, außer denen vorhin vorgeschriebenen Cerimonien annoch ein Sarg in die Synagoge gebracht werden, auf welchen der schwörende Jude, wenn er zuförderst die Kleider, welche er am großen Versöhnungs-Tage gebraucht, angezogen hat, sich niedersetzen, auch ein bloßes Schächt-Messer in der Hand haben muss.


6.

Alle Juden-Eide sollen von einer Gerichts-Person abgenommen, und dazu entweder ein Montag oder Donnerstag angesetzet werden;

Weil auch die Gerichts-Person sich nach der Synagoge begeben muss; so sind die Juden-Eide bey den Gerichten, wo solche öfters vorkommen, alle Monate, so viel möglich auf einen gewissen dazu bestimmten Tag zu verlegen.

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